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Internationale Forschungsstudie über Slow Food - convivium Freiburg als Fallbeispiel untersucht

June 10 2016

Top-down meets bottom-up planning results in high quality district with 5.500 inhabitants.

The case of eco-district Vauban as a social innovation case study in TRANSIT

Kunze, Iris, Philipp, Andrea (2016): The Eco-District of Vauban and the co-housing project GENOVA. 

Case Study Report, TRANSIT: EU SSH.2013.3.2-1 Grant agreement no: 613169
https://iriskunze.wordpress.com/2016/04/10/ecodistrict-vauban-co-housing-genova/

Picabea, F., Kunze, I., Bidinost, A., Phillip, A. and Becerra, L (coord.) (2016)
Case Study Report: Co-operative Housing. TRANSIT: EU SSH.2013.3.2-1 Grant agreement no: 613169.
http://www.transitsocialinnovation.eu/resource-hub/international-co-operative-association-ica

SF Freiburg und dessen soziale Innovationskraft

Von Dr. Iris Kunze, BOKU Universität Wien

Eine gerade fertiggestellte Forschungsstudie nahm die internationale Slow Food Bewegung und zwei regionale convivien auf Ihre gesellschaftliche Wirkung und soziale Innovationskraft in Augenschein. Forscherin Dr. Iris Kunze von der Universität für Bodenkultur Wien untersuchte das convivium Freiburg und berichtet über das Forschungsprojekt, Ergebnisse und Erfahrungen während der Untersuchung.

Das Forschungsthema: soziale Innovationen

In meiner Forschung beschäftigt mich seit vielen Jahren, wie wir den Übergang zu nachhaltigen Lebensweisen und einer zukunftsfähigen Gesellschaft gestalten können. Dabei sind soziale Bewegungen in mein Interesse gerückt, die das bereits versuchen zu leben. In einem Team von 35 Forschern von 12 Universitäten aus Europa und Südamerika,  gefördert von der EU, erforschen wir derzeit, wie soziale Innovationen in 20 ausgewählten globalen Netzwerken entstehen. Ziel des Forschungsprojektes TRANSIT ist es den politischen und gesellschaftlichen Beitrag dieser Bewegungen zu ermitteln und aus deren Erfahrungen "best practice Methoden" herauszukristallisieren. Neben Tauschringen, transition towns, Ökodörfern, Via Campesina und der seed Bewegung wurde Slow Food untersucht. Zu jedem globalen Netzwerk wurden auch zwei lokale Gruppen tiefergehend erforscht. Für Slow Food wurden die beiden convivien SF Freiburg und SF Araba-Vitoria im spanischen Baskenland untersucht.

Die zentralen Forschungsfragen, die ich an Slow Food Freiburg stellte, drehten sich um die zeitliche Entwicklung, die inneren Dynamiken und Organisationsstrukturen, das soziale Lernen innerhalb der Initiative und die Formen von Aktivitäten und Vernetzung nach außen in die Politik und die unternehmerische Welt. Alles wurde vom Blickwinkel der Frage nach sozialen Innovationen betrachtet.

Die Forschungsmethoden

 Die methodische Annäherung an eine Initiative ist entscheidend für die Qualität der Ergebnisse. Ich verstehe die Menschen in den Initiativen als Praxisexperten. In TRANSIT wird schwerpunktmäßig mit Interviews und teilnehmender Beobachtung geforscht und die Ergebnisse und Forschungsberichte mit den Interviewpartnern möglichst weitgehend abgestimmt. Ich möchte die Motivationen und die Perspektiven der aktiven Menschen verstehen, die meistens auch eine sehr reflexive Sicht auf ihre eigenen Aktivitäten mitbringen – das konnte ich bei SF Freiburg auch beobachten. Ich habe fünf ein- bis zweistündige Gespräche mit Slow Food Freiburg Aktiven geführt und war zu Gast bei einem Kartoffelmenü und einem Planungsabend und besuchte die „Plaza Culinaria“ Messe im Herbst 2015.

Forschungsergebnisse über Begegnungsräume

 Im Folgenden möchte ich einige Forschungsergebnisse vorstellen. Erstens machen sich soziale Innovationen am Rahmen der Begegnung, der durch die Initiative geschaffen wird, fest. Meiner Beobachtung nach hat das SF convivium Freiburg vier stabile und wirksame Begegnungsarten von halbprivat bis öffentlich geschaffen. Dabei werden verschiedene Zielgruppen und Milieus angesprochen, sowie die SF Werte vermittelt und umgesetzt. Der erste Weg sind halböffentliche, informelle Privateinladungen zum Kochen. Bei der zweiten Art wirken die Slow Food Aktiven und ein Unterstützer – Winzer oder Restaurantbetreiber – zusammen. Dabei findet offen gemeinschaftliche auch teilweise „milieuübergreifende“ Begegnung statt wie im Falle des Kartoffelmenus, das mit Niveau zu erschwinglichen Preisen sowohl Studenten, die Stammgäste beim Mittagstisch im Kartoffelhaus sind, wie situiertes und älteres Klientel anzieht. Die anschaulichen Erklärungen des erfahrenen Kartoffellandwirtes machten die Veranstaltung zu einer genießerischen Ernährungsbildung im Sinne vom Slow Food.

Mit der dritten Form schafft Slow Food Freiburg einen „Raum“, in dem seine Werte gelten – seit 10 Jahren mit dem größten Flächenstand auf der ‚Plaza Culinaria‘ Messe. Auf den untervermieteten Standparzellen dürfen die Anbieter nur natürlich hergestellte Produkte präsentieren. Es gelten die gleichen Auflagen wie für die Slow Food Messe in Stuttgart. Von der Slow Food Vinothek profitieren die SF Winzer wie das convivium selbst, das durch den Verkauf Spenden für das Slow Mobil einnimmt. Das Slow Mobil ist die vierte Begegnungsform. Gerade neu eingerichtet wird das Mobil die Freiburger Grundschulen für Kochkurse mit Schülern ansteuern. 

Netzwerke schaffen

 Dieses Portfolio von Veranstaltungen ist sozial innovativ, weil erstens neue Arten der Begegnung verschiedener Milieus stattfinden. Zweitens werden übliche Formen von Zahlungsmodalitäten verändert und neu kombiniert, wie durch die Zusammenarbeit von Unternehmen unter den Werten von SF. Drittens können direkte Vertrauensbeziehungen zwischen Produzenten und Konsumenten aufgrund von nicht-monetären Zielen einer Initiative wie Slow Food entstehen. Nach meiner Beobachtung stehen hinter diesen sozialen Innovationen von SF Freiburg mehrere Umstände, die das convivium einerseits in einer eher stillen Nische der politischen Öffentlichkeit verharren lassen und andererseits so professionell und stabil in seinem Bereich etabliert haben. SF arbeitet auf internationaler und nationaler Ebene an politischen Kampagnen, wenn es um Lebensmittel und Agrargesetzgebung geht. Die Rolle der lokalen Convivien ist eine andere. Sie unterstützen die nationale und Internationale Arbeit finanziell durch die Mitgliedsbeiträge und konzentrieren sich lokal eher auf die persönliche Vernetzungsarbeit. Im Zentrum der Aktivitäten steht „genußorientiertes“, gemeinschaftliches Zusammensein und damit verbunden soziales Netzwerken, das sich zwar nach den Zielen von SF richtet, sich aber darauf konzentriert, diese im kleinen und privaten Lebensalltag umzusetzen, statt sie politisch öffentlich zu vertreten.

Das soziale Netzwerken mit dem Bezug zu den SF Werten ist zentral für den Erfolg von SF Freiburg. Das convivium hat sich in der Anfangsphase um einen Gründer gebildet und wurde nach einer Krise 2008 neu als ‚Netzwerk‘ von Expertenräten gebildet. Die große Zahl an Unterstützern – Winzer, Restaurants, Lebensmittelproduzenten – gibt SF Freiburg eine starke regionale Verankerung. Die Anbindung an die SF Bewegung und das Lernen von anderen convivien, z.B. in Sachen Slow Mobil, stärkt die Effizienz und Aktionskraft. Die Ressourcen von SF Freiburg basieren auf Spenden und vor allem ehrenamtlicher Arbeit durch einige aktive und durch ihre Lebens- und Berufserfahrung kompetente Renterehepaare. Durch diese Vernetzungen entstehen zahlreiche Verbindungen, die sonst oft in Branchen getrennt sind wie zwischen Grundschulen, Köchen und Handwerkern.

SF Freiburg setzt die Werte von SF international sehr klar und über die Jahre konsequent um. Diskussionsthemen liegen bei der Autonomie der lokalen Gruppen von Slow Food Deutschland oder bei der Frage nach Vegetarismus. SF Freiburg hat sich in fast 20 Jahren als stabile Gruppe mit einem vielfältigen Angebot von sozialer Begegnung in Verbindung mit bewusstem Essen und Trinken etabliert. Die soziale Innovation besteht vor allem darin, dass nicht der finanzielle Anreiz, sondern die soziale Begegnung, der Genuss und die bewusste, naturverbundene Ernährung im Zentrum stehen. Dabei schafft SF Freiburg direkte Kontakte zwischen Produzenten und Konsumenten, engagiert sich in der Ernährungsbildung für Kinder und Erwachse und ist angebunden an eine nationale und international starke Slow Food Bewegung für mehr Genuss, Natur und regionale Identität in der Ernährung und Lebensweise.

 Der Forschungsbericht über Slow Food Freiburg kann (in Englisch) heruntergeladen werden:
https://iriskunze.wordpress.com/2016/03/03/newly-published-research-report-social-innovation-and-slow-food-freiburg/   

Der komplette Forschungsbericht über die Internationale Slow Food Bewegung und die beiden convivien Araba-Vitoria in Spanien und Slow Food Freiburg kann (in Englisch) heruntergeladen werden:

Dumitru, A.; Lema-Blanco, I.; Kunze, I.; and García-Mira, R. (2016) Transformative social innovation : Slow Food Movement : a summary of the case study report on the Slow Food Movement. TRANSIT: EU SSH.2013.3.2-1 Grant agreement no: 613169

Dumitru, A.; Lema-Blanco, I.; Kunze, I. and García-Mira, R. (2016) Slow food movement. Case-study report. TRANSIT: EU SSH.2013.3.2-1 Grant agreement no: 613169.  

Iris Kunze: http://www.community-research.eu   


Foto: Iris Kunze am SF Freiburg Stand auf der Plaza Culinaria Messe Freiburg im November 2015

       
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